Glamour, Fame und Showbiz baby! Passend zum Start in den Mai hat Netflix eine Miniserie parat gehalten, die in den Zeiten der Pandemie das kribbelnde Gefühl auferleben lässt, wie es ist Liebhaber der Entertainment Branche zu sein. Hollywood wird neu auferlebt – im wahrsten Sinne des Wortes. In der gleichnamigen Serie entführt uns Showrunner und Produzent Ryan Murphy in das Tinseltown der 40er Jahre, mit Scharen von Möchtegernschauspielern, die durch die Tore der fiktiven Ace Studios krachen und in „den Bildern“ Ruhm und Reichtum suchen.
Murphy ist ein handfester Name der Fernsehlandschaft. Wenn sein Name mit einer Serie in Verbindung gebracht wird ist dies direkt ein Qualitätssiegel. Er brachte die Serie „Glee“ groß heraus, setzte das Konzept von „American Horror Story“ in die Wirklichkeit um und verzauberte die Zuschauer in den letzten Jahren mit Produktionen wie „Pose“, „American Crime Story“ und zu guter letzt „The Politian“. Letzteres war bereits Teil des großen $300 Million dollar Deals, den Netflix mit ihm vereinbart hatte, um weitere Serien für den Streaming Giganten zu produzieren. Netflix‘ Programmchef Ted Sarandos kommentierte dazu im Jahre 2018: „Ryan Murphys Serien haben den globalen kulturellen Zeitgeist beeinflusst, Genres neu erfunden und die Fernsehgeschichte verändert. Seine nicht aufzuhaltende Hingabe an Exzellenz gab den Unterrepräsentierten eine Stimme, zeigte uns ungewöhnliche Perspektiven und hat uns bis aufs Mark erschüttert.“ Doch wie sieht es mit seiner Exzellenz bei „Hollywood“ aus?
„Hollywood“ erfüllt alle wichtigen Vorgaben – einem Staraufgebot von Jungschauspielern wie zum Beispiel David Corenswet („The Politian“), Darren Criss („The Assassination of Gianni Versace“) oder Samara Weaving („Ready or Not“), doch auch alte Hasen der Fernsehlandschaft wie Jim Parsons („The Big Bang Theory“), der den meisten ein bekanntes Gesicht sein sollte. Aufwendige Sets wurden parat gestellt, um den Flair von Los Angeles zurekreieren und besonders die Kostüme runden das Gesamtbild ab. Auf den ersten Blick wurde somit viel in das Projekt hineingesteckt, um eine Miniserie mit 7 Episoden zu produzieren. Eigentlich sollten es anfangs zehn werden, doch Netflix kürzte das Projekt. Haben sie damals bereits geahnt, wie viel Glanz dem Projekt eigentlich fehlt? Oder besser gesagt viel Glanz, aber wenig Substanz.
Oberflächlich betrachtet, machen die Details der Epoche und die großartige Besetzung „Hollywood“ zu einer luftigen und seifigen Soap, mit einigen amüsanten Dialogen und Sequenzen, die auch ein Licht auf das Hollywood von gestern werfen, besonders in den frühen Episoden. Anfänglich scheint die Serie lediglich fiktionale Charaktere mit historischen Figuren aus dem wirklichen Leben zu vermischen, doch allmählich bewegt sie sich immer weiter und weiter in eine alternative Geschichte des Hollywoods hinein – was viel zu lange dauert. Sie tut dies auf eine seltsame und fast eindringliche Weise. Wenn Ihre Geschichte nicht richtig verläuft, fängt alles an, sich zu vermischen und Momente ihrer Bedeutung zu berauben. Murphy will sich was trauen und verfehlt mit seinem Versuch dies zu tun das Ziel.
Die Figuren sprechen nicht wirklich als Menschen, sondern als Avatare von größeren Identitäten – einer Rasse, einer sexuellen Orientierung. Aber sie fällt oft Murphys schlimmsten Erzählinstinkten zum Opfer, mit zu viel Erzählen statt Zeigen und Themen, die in den Dialogen klar formuliert und unterstrichen werden. das Zentrum von Hollywoods albernden Let’s-put-on-a-show-Fabel. Die meisten Konflikte in der Produktion sind offensichtlich darauf ausgelegt, überwunden zu werden, also steht nicht viel auf dem dramatischen Spiel; wir wissen, dass sie diesen Film schaffen werden. Die vereinfachte und verrostete Sicht der Show auf die Epoche reduziert alles auf die offensichtlichste aller Formen.
Die Serie kommt zu keinem Punkt, bietet keinen Mehrwert für die Handlung und seine Charaktere und damit auch nicht für den Zuschauer. Die Bewohner des Dreamlands leben in einer rosa Blase und leben ein Leben das vor sich hinplätschert, ohne riesige Konsequenzen oder einen Spannungsaufbau. Stattdessen führt das Hin und Her zwischen fröhlichen Feiern und sexuellen Ablenkungen der Charaktere zu einem Schleudertrauma. Es lässt sich schlichtweg kein roter Faden finden, wodurch man sich muss ob man seine Sehzeit nun für die Ästhetik oder für den Schein des Seins geopfert hat. Über die Filmindustrie kann viel erzählt werden, gerade wenn man Wirklichkeit mit Fiktiven mixt, doch „Hollywood“ scheint sich die falschen Fakten herausgekramt zu haben, um eine erfolgreiche Narrative zu erreichen. Stattdessen wird alles so gedreht, dass den Figuren stets alles in die Arme fällt und sie ihren Traum im Showbiz leben können – ohne jene Konsequenz oder Komplikation. Aus diesem Grund plätschert „Hollywood“ nur vor sich hin und ist im Endeffekt bloß ein stylisches Paket ohne wirklich sichtbarem Inhalt.
Der Reiz ist immer da – historische Geschichten umzuschreiben, um mit guten Absichten unsere Vorfahren zu bessren, entwickelteren Menschen zu machen. Besonders Quentin Tarantino bringt dieses gewisse Etwas stets in seinen Filmen ein. Aber „Hollywood“ bringt seinen Glitzer, Glamour und sexuelle Ausnutzung ohne wirkliche Tiefe zum Ausdruck. Während das Produktionsdesign und die Kostüme überzeugen, wirken sowohl die Figuren als auch ihre Handlung unnatürlicher als dieses Märchen es vorschreiben sollte. Doch die Selbstbeweihräucherung der Narrative führt zu nichts anderem außer zu langweiliger Szenen, die man sich bloß aufgrund der vielversprechenden Arbeit der Weltenkreier anschaut. Eine dennoch einladene Fantasy, die mit einem besseren Plot und Dialogen den Zeitgeist mit Nachhaltigkeit vertreten hätte.