Im Jahr 2019 hatte Warner Brothers immer noch ein breites Lächeln im Gesicht: Während es mit dem DCEU immer weiter bergab ging, weil sie es nicht schafften, den richtigen dunklen Ton für ihre Filme zu finden, kam Hangover-Regisseur Todd Philipps um die Ecke und schuf mit „Joker“ einen Überraschungshit. Der Film brachte dem Studio nicht nur über eine Milliarde Dollar ein und ebnete einen breiteren Weg für Rated R-Material im Mainstream, sein Hauptdarsteller Joaquin Phoenix wurde schließlich mit seinem wohlverdienten ersten Oscar belohnt und wurde zum zweiten Clown aus Gotham, der nach Heath Ledgers legendärer Rolle in „The Dark Knight“ mit Ruhm überschüttet wurde.
„Joker“ sollte eine originelle Geschichte und ein eigenständiges Werk sein, das mit seinem fulminanten Ende eine düstere Charakterstudie war, die von Martin Scorseses Klassikern ‚Der König der Komödie‘ und ‚Taxi Driver‘ inspiriert war, die zwar sehr umstritten war, aber vom Publikum weitgehend gut aufgenommen wurde. Vor allem Joaquin Phoenix wählt seine Rollen so aus, dass er nicht auf Fortsetzungen gefasst sein muss, aber aufgrund des kommerziellen Erfolgs gibt es jetzt, fünf Jahre später, eine Fortsetzung und sein zweiter Streich wird nicht nur vom Joker erzählt, sondern hat auch seine geliebte Harley Quinn in Form von Lady Gaga auf die Bühne gebracht.
Ein Witz kann nicht richtig funktionieren, wenn die Pointe nicht stimmt, und das Lachen bleibt einem nicht im Halse stecken, wenn man mit der Stimme die Noten singt und dabei ein fröhliches Gesicht aufsetzt. Das größte Problem von „Folie à deux“ ist jedoch nicht, dass es sich um ein Musical handelt, denn man kauft der Figur Arthur Feck ab, dass sie sich von Sound und Tanz zu ihren Gräueltaten inspirieren lässt, sondern vielmehr, dass diese Figur nicht mit dem ersten Teil übereinstimmt und man als Zuschauer immer nur Beobachter bleibt, anstatt in das Innenleben des Jokers eintauchen zu können.
Es ist kein Geheimnis, dass man dieser Figur nie wirklich glauben kann und nicht weiß, ob etwas wirklich passiert oder nicht, aber in „Folie à deux“ driftet dieses Element in eine solche Absurdität ab, denn gerade mit dem Ende steht und fällt der gesamte Rest des Films und es stellt sich die Frage, ob das Gesehene überhaupt notwendig war, wenn es ohnehin keine Gültigkeit hat. Und damit stellt sich auch die Frage nach dem Wert einer Fortsetzung, denn „Folie à deux“ bietet keinen Mehrwert gegenüber dem ersten, sondern degradiert ihn eher.
Das Universum von Arthur Fleck eignet sich nicht für eine Harley Quinn und eine leidenschaftliche Liebesgeschichte mit vielen Traumsequenzen im Stil von Musical-Größen wie Baz Luhrmann oder Jacques Demy. Der Joker ist eine Figur, die andere Widersacher in Gotham inspiriert und sich nicht von einem Fangirl wie Lee leiten lassen würde. Er handelt aus Eigennutz, ist einen Schritt voraus, aber diese Harley Quinn hält ihn auf und zieht ihn zurück. Obwohl Lady Gaga perfekt in die verrückte Rolle passt und mit ihrer Gesangsstimme und ihrer Karriere im Showbusiness wie geschaffen für den Film ist, wirkt ihre Figur oberflächlich (Wortspiel beabsichtigt). Joaquin Phoenix hingegen ist der einzige wirkliche Lichtblick des Films; er spielt diese Rolle immer noch genauso gut und zeigt, dass er ein echter Künstler ist und immer eine vielschichtige Leistung abliefert.
„Folie A Deux“ hat leider nicht den gleichen Groove wie sein Vorgänger, hat große klangliche und texturelle Probleme und ruht sich auf seinem Erfolg auf jeder Note aus. Es ist fast so, als ob Todd Philipps sich dachte: „Schau mal, wie toll das beim letzten Mal funktioniert hat! Ich mache genau das Gleiche noch einmal, nur mit einem schlechteren Drehbuch!“. Und tatsächlich wiederholt der Film viele Elemente, ohne etwas Neues hinzuzufügen, und verlässt sich an viel zu vielen Stellen auf Rückblenden, weil er selbst leider nichts Besseres zu sagen hat. Positiv hervorzuheben ist jedoch der zweischichtige Titel sowie die Optik des Films – es gibt einige geniale Setdesigns sowie Kameraeinstellungen, die einem die unsinnige Handlung an manchen Stellen fast verzeihen lassen. Allerdings ist die Laufzeit zu jeder Zeit spürbar und die 20 Minuten länger als der erste Joker sind absolut ungerechtfertigt.
Deshalb ist es auch ironisch, dass Arthurs berühmte Worte aus dem ersten Teil nun ins Gegenteil verkehrt werden müssen: Denn mit dem Ende, zu dem der Film kommt und wie er mit seiner Figur umgeht, ist das Leben eben doch keine Komödie, sondern eigentlich eine Tragödie und es zieht einem fast von selbst die Mundwinkel nach unten. Vielleicht sollte man also nicht jeden Witz bis zum Ende erzählen, denn das war keine Unterhaltung.